“Wohin diesmal?” – Diese Frage bekam während unserer Elternzeit im Sommer 2015 eine ganz neue Dimension. Waren unsere Urlaubstage als Vollzeit-Berufstätige sonst immer begrenzt, hatten wir nun die Möglichkeit, mal 5 Wochen am Stück zu reisen. Doch wohin mit Baby? Wie viele Orte mitnehmen? Mit dem Auto oder mit dem Flugzeug? Wie lange wo bleiben? Die Wahl fiel nach einigem Hin und Her auf einen Roadtrip durch Frankreich und Italien. Weil wir in Frankreich mehrere Freunde besuchen konnten und weil wir schon immer mal nach Italien wollten. Ich nehme das Fazit schon mal vorweg: Unbedingt machen! Klar sind 6 Reise-Stationen und bis zu 8-stündige Autofahrten eine echte Hausnummer. Jedes Mal alles ein- und auspacken (es ist wirklich unglaublich, wie viel man für einen 7 Monate alten, nicht mal 70 Zentimeter großen Mini-Mann mitschleppen muss), jedes Mal neue Eindrücke, jedes Mal neue Leute. Ja, vielleicht würden wir die Route beim nächsten Mal ein bisschen abspecken, aber eins steht fest: Dem Mini-Mann hat es am wenigsten ausgemacht, er hat in der Zeit riesige Entwicklungssprünge gemacht und war einfach nur happy über 840 Stunden Zeit mit Mama und Papa.

Station 1: Champagne

Unser erstes Zuhause fanden wir in Brandonvillers in der Champagne. Wir hatten dort über Airbnb ein ganz zauberhaftes Künstlerhaus in the middle of nowhere gefunden. Die Besitzerin Marjolaine kreiert ihre Kunststücke teils in Paris und teils in diesem kleinen Paradies. So verbrachten wir die Tage in einem riesigen, naturbelassenen Garten mit alten Bäumen, Gemüsebeeten, hier und da Skulpturen und keinem Nachbarn weit und breit.

Auch wenn die Champagne landschaftlich vielleicht nicht ganz so spektakulär ist wie andere Regionen Frankreichs, konnten wir eine Menge machen. In einer halben Autostunde erreicht man den Lac du Der, einen großen Badesee, in dem unser Mini-Mann seine ersten Erfahrungen im Freiluftbaden sammelte. Auch kann man viiiel Zeit damit verbringen, die “echte” Champagner-Route zu suchen. Ja, es gibt mehrere davon und nein, nicht jede muss man gesehen haben. Im ersten Anlauf suchten wir irgendwie vergeblich nach den grünen Endlos-Weinbergen, wie sie uns die Google-Bildersuche ausgespuckt hatte. Zum Glück konnten wir uns den Frust am Ende noch bei einem Champagner-Tasting in einem kleinen Schlösschen schön trinken. Und beim zweiten Versuch fanden wir dann auch, was wir suchten. Rund um ReimsÉpernay  und Hautvillers – wo der Champagner erfunden wurde –  lässt es sich wunderbar Weinberge bestaunen, Champagner trinken und essen.

Station 2: Lyon

In Lyon besuchten wir unsere lieben Freunde Conny und Alex, die in einer schönen Altbauwohnung im arabischen Viertel von Lyon wohnen. Herausforderung Nummer 1: Zwischen all den Läden, Fußgängern und Automassen erst die richtige Straße und dann einen Parkplatz finden. Herausforderung Nummer 2: Bei 35 Grad Hitze vom Babybettchen über Windeln bis hin zum Kinderwagen alles über enge Wendeltreppen in den vierten Stock schleppen (und am Ende wieder runter). Herausforderung Nummer 3: In den heißen und lauten Ramadan-Nächten irgendwie Schlaf finden. Wir hatten die Wahl zwischen angenehmen Raumtemperaturen bei geöffnetem Fenster, dafür aber einer nächtlichen Lautstärke, die 5.000 Bienenschwärme nicht mal zusammen hinkriegen würden oder etwas mehr Ruhe für die Ohren, dafür aber gefühlten Sauna-Temperaturen.

Nichtsdestotrotz: Lyon lohnt sich! Eine sehr hübsche, lebhafte (und trotzdem nicht stressige) Stadt, direkt an 2 Flüssen gelegen (Saône und Rhône), mit entzückenden Häusern, Gassen, Straßen und Brücken. Und nicht zu vergessen: Lyons Umgebung! In einer Stunde Fahrt erreicht man wunderschöne Landschaften. Wir hatten einen perfekten Sommertag am Lac d’Aiguebelette, mit seinem türkisblauen, von Bergen umrahmten Wasser. Tipp: Einfach für einen Tag auf einem Campingplatz einchecken. Die Strände sind dort nicht so überlaufen, man kann komfortabel Pipi machen und – wenn man Glück hat – gleich noch Ruderboote mieten. Das war zwar noch nichts für den Mini-Mann, aber immerhin für ein kleines bisschen Pärchenzeit, während das Stinkerchen kurzzeitig bei den deutschen und französischen Freunden geparkt wurde.

Am selben Abend ging es dann mit eben diesen Freunden noch in das typisch lyonesische Restaurant Le Comptoir du Boeuf mitten in der charmanten Altstadt Lyons gelegen. Wir waren vorher etwas nervös, ob der Mini-Mann einen mehrstündigen Restaurantbesuch tatsächlich so entspannend findet wie wir, aber – oh Wunder – er hat ihn komplett verpennt. Das konstante Stimmengewirr, Klackern von Absätzen auf Kopfsteinpflaster und Geschirrklappern schien eine beruhige Wirkung auf ihn zu haben. Und wir konnten uns so ganz der lyonesischen Küche widmen, die zwar teilweise etwas gewöhnungsbedürftig ist (an die Andouillette – eine mit Innereien gefüllte Wurst – kamen wir dann doch nicht ran), aber auch sehr viele Köstlichkeiten bietet. Mein Favorit: Quenelles, verschieden gefüllte, gleichzeitig an Klöße und Nudeln erinnernde Leckereien.


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